Fakten verlieren gegen Frames

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Warum Fairness nicht reicht: Die Klimadebatte als Lehrstück

In der Klimadebatte zeigt sich das ganze Dilemma gut gemeinter Kommunikation. Jahrzehntelang haben Wissenschaft und Politik auf Fakten gesetzt. CO2-Werte, Erderwärmung, Kipppunkte. Man appellierte an Vernunft, stellte Transparenz her, hielt sich an die Regeln der Fairness. Und wartete darauf, dass die Welt sich ändert.

Sie hat sich nicht schnell genug geändert.

Denn Kommunikation ist kein Naturgesetz, sondern ein Spielfeld der Bedeutungen. Nicht wer recht hat, gewinnt, sondern wer die Wirklichkeit überzeugender erzählt. In der Klimafrage heisst das: Solange “Verzicht” stärker im kollektiven Kopf verankert ist als “Gestaltungskraft”, bleibt die Transformation ein Minderheitenprojekt. Fairness nützt nichts, wenn die falschen Frames dominieren.

Fakten verblassen gegen Frames

Noch immer glauben viele Entscheidungstragende: Wer die Daten kennt, wird handeln. Doch Menschen folgen nicht Excel-Tabellen, sondern Geschichten. In der Klimadebatte hat das fossile Narrativ – Freiheit, Wirtschaft, Wohlstand – lange besser gezogen als das grüne. Die Klimabewegung wiederum hat oft auf moralische Überlegenheit gesetzt, statt auf strategisches Framing. Beide Seiten kämpfen mit Bildern, nicht mit Beweisen.

Das ist unbequem, aber zentral: Wahrheit ohne Wirkung bleibt folgenlos. Wer Wirkung will, muss Begriffe setzen, Konflikte zuspitzen, Realitäten formen. Nicht, um zu manipulieren, sondern um Verantwortung zu übernehmen für das, was als möglich und nötig gilt.

Die Fairness-Falle der Aufgeklärten

Gerade in der Klimakommunikation tappen viele in die Fairness-Falle. Sie wollen differenzieren, nicht polarisieren. Sie meiden einfache Botschaften – und landen in der Bedeutungslosigkeit. Doch Kommunikation ist immer Vereinfachung. Wer nicht framen will, wird geframed. Wer keine Geschichte erzählt, kommt in der Geschichte der anderen vor – als Ideolog:in, Panikmacher:in oder Weltfremde:r.

Und genau hier wird es politisch: Denn die Weigerung, Wirkung zu gestalten, ist selbst eine Entscheidung. Eine, die jene stärkt, die keine Skrupel haben, mit Angst zu arbeiten. Wer glaubt, sich raushalten zu können, macht sich verfügbar.

Strategie statt Sentiment

Was heisst das konkret? In der Klimadebatte brauchen wir nicht nur neue Technologien, sondern neue Erzählungen. Weg vom Verlust-, hin zum Möglichkeitsnarrativ. Weg vom moralischen Zeigefinger, hin zum Bild einer lebenswerten Zukunft. Das ist keine Kosmetik, sondern strategische Kommunikation. Sie entscheidet, ob Klimapolitik trägt oder kippt.

Fairness ist ein Fundament. Aber kein Werkzeug. Wer Wirkung will, muss Wirklichkeit gestalten.

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